Kein Witz! Ich meine es ernst.
Die Nachbarin, die mich gerade kontaktierte, weil sich schon wieder jemand angekündigt hat, der die Rauchmelder in unseren Wohnungen checken will, kann ein Lied davon singen. Kaum hat sie ihre Frage gestellt und Antwort erhalten, hab ich mich eingegroovt auf einen Plauderflash. Gelegenheit macht Diebe. Und Gelegenheit habe ich selten. Also: zugreifen!
Obwohl auch sie sich gern unterhält, spüre ich nach einer Weile, dass sie genug von dem hat, was ich von mir gebe. Nein, ich liefere kein Bla-Bla, definitiv nicht. Aber ich erzähle mitteilsam eine Menge von dem, was mich so bewegt. Ich weiß auch nicht, irgendwie kommen wir drauf. Sie also auch, und daher ist sie selbst nicht ganz unschuldig daran, wenn ich so viel rede. Ich kann ihre Themen aufgreifen und meinen Senf dazugeben. Und wo sich unsere Themen kreuzen, ja … da ist sie geliefert. Frau Plauderbag, also ich, trägt ihr Herz nämlich auf der Zunge, hat eine Meinung zu den meisten Themen und mag das Reflektieren. So schwebt Sprechblase um Sprechblase von mir zu ihr und umgekehrt.
Irgendwann allerdings wird sichtbar, dass sie genug davon hat. Sie geht nämlich auf Abstand. Also rückwärts.
What is los? Ich meine, es ist nichts Neues, dass ich eine Vielrednerin bin, war ich schon immer. Ich kann einfach nicht anders. Seit über 30 Jahren weiche ich aus Rücksicht auf meine Mitmenschen schon aufs Tagebuchschreiben aus. Ja, isso! Da ich das Gefühl hatte habe, dass mir eigentlich niemand wirklich zuhört, geschweige denn mich versteht, fing ich vor über 30 Jahren an, Tagebuch zu schreiben.
Hach, das Tagebuch, das liebe, gute und vor allem duldsame. Es erträgt jede Wörter- und Sätzeflut. Es runzelt niemals bedenklich oder gar kritisch die Stirn, es hat keine Einwände gegen gar nichts, was ich ihm anvertraue. Es widerspricht nicht, und auch meine diversen Ausbrüche, die wütenden, zart-gefühlsüberladenen sowie die höchst selbstkritischen nimmt es locker hin. Außerdem darf ich spinnen nach Herzenslust. Es ist ein echter Freund.
Antworten? Nein. Das tut es freilich nicht. Aber eigentlich doch, denn ich schreibe ja nicht, was ich den Tag über gemacht oder gelassen habe oder wie das Wetter war. Ich schreibe keinen Tagesrapport. Ich reflektiere.
Wer sich selbst und seine Gedanken sowie über Gefühle, Erlebnisse, die Familie, die Freunde, die Welt und das Universum reflektiert, findet während des Schreibens durchaus Antworten. Also ich jedenfalls. Und das ist eine feine Sache. Die Erkenntnisse, die ich im Laufe all der Jahre gewonnen habe, ohne jemanden zu belästigen, sind unbezahlbar. Dafür ist sicher mancher, der mich kennt, dankbar. – Fragt meine Nachbarin, die ist es bestimmt auch *lach*. Andernfalls liefe ich Gefahr, dass diese nette Frau mich lieber nichts mehr fragt und gar nicht erst in meine Nähe kommt.
Sprich mich nicht an ist natürlich keineswegs ernst gemeint. Ich nehme mich lediglich gern selbst auf die Schippe, habe einen Augenblick belustigt gedacht, was meine Gesprächspartner vielleicht denken könnten. So in der Art ‚Die spreche ich so schnell nicht wieder an, herrje! Die findet ja kein Ende.‘ – Ich hab so gelacht bei dem Gedanken und ihn hier aufs virtuelle Papier gebracht.
Vielleicht belustigt es euch auch …
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