Einen erwischt es meistens eiskalt

[…] „Wir versuchen, Normalität zu leben“, hatte er ihr gesagt. Was ist Normalität? Tägliche Routinegespräche? Definiere Gespräch, fordert er sich selbst in Gedanken auf. Aber schon beim gedachten Ausrufezeichen in der Forderung bleibt er stecken […]
Ausschnitt aus „Geballte Zweisamkeit“ im 2. Buch der Reihe BEGEGNUNGEN.
In dieser Geschichte geht es um ein Paar, das schon sehr lange zusammen und verheiratet ist. Aber die Beziehung ist lange schon unglücklich für beide und gefährdet. Aber keiner von beiden redet darüber. ER ohnehin nicht, denn er fürchtet er die Trennung ebenso sehr wie das fortgesetzte Zusammenbleiben. Letzteres ist jedoch über Jahre schon das aus seiner Sicht kleinere Übel. Während er die Last des Übels erträgt, sucht er das, was ihm fehlt, bei anderen …

Ohne Gespräche miteinander und ohne Trennung …

wird „Geballte Zweisamkeit“ aus abgenutzten Beziehungen.
[…] Zwei Wochen geballte Zweisamkeit … jetzt seufzt er doch leicht, aber für sie unhörbar. Die Zeit erschien ihm wie eine Ewigkeit. Der Rückweg kann ihm gar nicht schnell genug gehen. 160 km/h zeigt der Tacho. Recht so! Nix wie zurück in den Alltag! Wohltuender Alltag. Beruhigende Monotonie. Zurück auch zu ihr. Zu der Frau, die sehnsüchtig auf ihn wartet, die genau wie er es nicht erwarten kann, dann sich bei ihr anzulehnen, sich ihren Armen anzuvertrauen. Die Augen schließen und aufatmen will er! Sie riechen, aufsaugen und nie mehr loslassen […]
SEINE Sicht.

[…] Warum hört das nicht auf, fragt sie sich. Warum hört er nicht damit auf? Vor ein paar Wochen noch dachte sie, es sei wie eine Erkältung – vorübergehend […] Aber er hört nicht auf. Woche für Woche fährt er zu dieser Frau. Glaubt er denn, sie merkt das nicht? Sogar den Freunden und Nachbarn ist seine Veränderung nicht entgangen. Sie schließt einen Moment die Augen, lehnt am Fensterrahmen und blickt in den Garten.
Er strahlt richtig. Seine Augen sind wach und glänzen freundlich. Seine Art hat eine Leichtigkeit bekommen, wie sie sie schon seit längerem nicht mehr sah. Zumindest, wenn er bei ihr war. Doch kaum hat er die Tür hinter sich geschlossen und sie sind allein in diesem schönen Haus, dann hüllt er sich wieder in dieses tiefe Schweigen und in einen unsichtbaren Mantel aus Unbestimmtheit […]
IHRE Sicht, IHR Empfinden.

Wege aus einer bedrückenden Situation

gibt es immer.
Niemand sollte in einer Beziehung leben, die sich nur noch wie eine Last anfühlt.
Niemand sollte so lange warten, bis die Situation so unerträglich ist, dass man nur noch raus will.
Niemand sollte in einer Beziehung dem anderen Normalität vorgaukeln, wenn er sie nicht auch wirklich empfindet.
Lüge! Sich selbst belügen ist schon schlimm genug, aber den anderen belügen, das geht überhaupt nicht. Allerspätestens dann ist eine Beziehung sprichwörtlich in die Binsen gegangen.

Miteinander offen reden

ist die Komponente, die hilft, über den Zustand der gemeinsamen Beziehung unterrichtet zu bleiben. Und wenn das „Miteinander reden“ allein zu zweit nicht geht, nimmt man sich einen erfahrenen Coach/Therapeuten hinzu. Immer vorausgesetzt, beiden liegt gleichermaßen viel an der Beziehung.
In „Geballte Zweisamkeit“ haben die beiden diesen Punkt offensichtlich aus den Augen verloren. Und es ist die Zeit, die beide verstreichen lassen, während ihre Beziehung immer weiter in eine Schieflage gerät, die einer Rettung letztlich im Wege steht.

Trennung ist immer doof

Eine Trennung nach langjähriger Beziehung fühlt sich genau so an und tut immer sehr weh. Meistens hat einer von beiden diese Trennung seit längerem beschlossen. Nicht selten schon lange, bevor sie ausgesprochen wird. Die Leidenszeit dieses Partners ist die des Erkenntnisprozesses, die für ihn dann endet, wenn die Kraft seines Entschlusses groß genug ist, dass er mutig die letzte Hürde nimmt: seine Entscheidung auszusprechen.
Den anderen trifft es in den meisten Fällen völlig unvorbereitet (trotz aller kleinen Zeichen, die er vielleicht wahrnahm, denen er aber meistens nicht traute), und es haut ihm den Boden unter den Füßen weg. Eiskalt erwischt, fühlt er sich und versteht die Welt nicht mehr!
Während der die Trennung Begehrende seltsam abgeklärt und sehr kühl wirkt, muss sich der andere noch aus seiner Schockstarre lösen. Das Gedankenkarussell mit den Fragen nach dem Warum, Weshalb, Wieso und ausgerechnet JETZT dreht sich unaufhörlich. Die Antworten präsentieren sich nicht auf einem Silbertablett. Sie zu finden erfordert eine vollständige Aufarbeitung der Beziehung, ihrer ganzen Entwicklung bis hin zur Trennung.

Wer so etwas erlebt, braucht Hilfe. Eigentlich wollte ich jetzt „vielleicht“ schreiben, und früher habe ich es Betroffenen auch so geraten. Heute sehe ich das anders. Man braucht diese Hilfe, die eine Paarberatung oder ein Coaching durch erfahrene Therapeuten gewährleisten. Auch wenn der Trennungswillige es vermutlich nicht einsieht, denn für ihn ist die Lage ja sonnenklar, braucht der Partner diese Unterstützung. Und Ziel einer Paarberatung ist nicht, verloren gegangene Gefühle wiederherzustellen.
Ziel ist viel mehr, zu verstehen.
Und meiner Ansicht nach muss der Trennungswillige diesen Wunsch seines – einst geliebten – Partners respektiere. Er ist es ihm sogar schuldig, denke ich, und daher sollte er sich dem nicht verweigern.
Was kann ihm schon passieren? Für ihn sind die Dinge geklärt, und während er sich bereits mit seiner eigenen Zukunft befasst, rotiert der Partner noch um das Warum, begreift nicht, was dazu geführt hat, das jetzt Schluss sein soll. Diesen letzten liebevollen Akt sollte er dem Partner aus Wertschätzung der gemeinsamen Lebenszeit, aus Achtung und Respekt ihm gegenüber erbringen, damit auch das verlassene Herz friedvoll heilen kann.

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Komische Vögel und Zeitfreundschaften“
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Bild von Jan Alexander auf Pixabay

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